Podobne

[ Pobierz całość w formacie PDF ]

»Es sieht aus wie Eis«, sagte er in überraschtem Ton. »Aber
es fühlt sich nicht so an.« Er konnte jedoch nicht sagen, wie sich
das vermeintliche Eis anfühlte. Auf jeden Fall wie nichts, was er
jemals gefühlt hatte. »Spürst du es?«, flüsterte Trautman.
»Konzentrier dich!«
Mike wusste nicht genau, worauf Trautman eigentlich
hinauswollte, aber er schloss gehorsam die Augen und tat, was
124
er verlangt hatte. Im ersten Moment fühlte er nichts außer Kälte
und der schon fast unnatürlichen Glätte des weißen Materials;
wie Glas und trotzdem vollkommen anders. Dann ...
Etwas ... vibrierte. Tief unter der glatten Kälte des
angeblichen Eises pochte eine unterdückte, aber gewaltige
Kraft. Als schlüge im Inneren des Berges ein gigantisches
eisernes Herz, das im Moment vielleicht noch schlief, aber bald
erwachen würde.
»Wir sollten von hier verschwinden«, sagte Trautman. »Hier
geht es sowieso nicht weiter.«
»Und wer sagt uns, dass es einen anderen Eingang gibt?«
»Niemand«, antwortete Trautman und drehte sich herum. Mit
einem Male schien er es sehr eilig zu haben, die Höhle wieder
zu verlassen. Trotzdem beherrschte er sich und ging den Weg,
den sie gekommen waren, mit gemessenen Schritten zurück.
Aber Mike war sicher, dass er am liebsten gerannt wäre.
Plötzlich blieb Trautman wieder stehen und hob die Hand.
»Ruhig!«, zischte er. »Da ist etwas!«
Mike sah sich alarmiert um  und hätte um ein Haar fast
aufgeschrien.
Noch vor wenigen Minuten hatten sie vor der Eiswand
gestanden und sie waren allein gewesen. Jetzt standen fünf oder
sechs Männer in weißen Felljacken da.
Außerdem hatten sie Gewehre in den Händen, mit denen sie in
ihre Richtung zielten ...
»Lauft!«, schrie Trautman.
Keine Sekunde zu früh. Kaum waren sie losgerannt, da klang
hinter ihnen ein ganzer Chor wütender Stimmen auf. Mike
125
konnte nicht genau verstehen, was die Männer schrien, aber er
begriff immerhin, dass sie ihnen in deutscher Sprache
nachbrüllten, und es gehörte nicht besonders viel Fantasie dazu,
sich den Rest zusammenzureimen.
Vor allem nicht mehr, als sie zu schießen begannen.
»Stehen bleiben!«, brüllten drei, vier Stimmen gleichzeitig
hinter ihnen. »Sofort anhalten!«
»Den Teufel werden wir tun!«, keuchte Trautman.
»Rennt, was ihr könnt!«
Das musste er weder Mike noch Kanuat eigens sagen. Die
Soldaten schossen immer heftiger. Einige Kugeln verfehlten sie
so knapp, dass Mike das hässliche Geräusch hören konnte, mit
dem sie durch die Luft zischten. Die deutschen Soldaten waren
vielleicht keine besonders guten Schützen, aber es war nur eine
Frage der Zeit, bis sie durch einen reinen Zufall getroffen
wurden.
Es passierte, als sie den Ausgang fast erreicht hatten.
Trautman, der nur wenige Schritte vor ihm herstürmte, taumelte
einmal kurz und griff sich mit der Hand an den linken Oberarm.
Mike sah, wie Blut zwischen Trautmans Fingern hindurchquoll
und seine Jacke dunkel färbte.
»Trautman!«, keuchte er. »Sind Sie  !«
»Das ist nur ein Kratzer!«, schrie Trautman zurück.
»Lauft weiter!«
Endlich waren sie im Freien, stürmten nach links und waren
für einen Moment wenigstens aus dem Schussfeld der Soldaten
heraus. Vor ihnen lag jetzt wieder ein Gewirr von Eisbrocken
und -spalten, in dem es ihnen vielleicht möglich war, ihren
126
Verfolgern zu entgehen.
Trotz seiner Verletzung stürmte Trautman so schnell voran,
dass Mike und Kanuat Mühe hatten, Schritt zu halten. Aber
Mike machte sich nichts vor: Trautman blutete heftig. Selbst
wenn er nicht wirklich schwer verletzt war, würde ihn der
Blutverlust rasch schwächen. Sie brauchten einen Ort, an dem
sie sich vor den deutschen Soldaten verstecken konnten.
Mittlerweile hatten auch die Soldaten den Tunnel verlassen
und eröffneten wieder das Feuer. Das Gelände gab ihnen
einigermaßen Deckung, sodass die meisten Schüsse harmlos
vorüberpfiffen, aber zwei- oder dreimal spritzten auch in
unangenehmer Nähe Splitter aus dem Eis. Dazu kam, dass sie
immer wieder auf dem glatten Eis ausrutschten und hinfielen.
Aber sie konnten es nicht wagen, langsamer zu werden.
»Da oben!« Kanuat deutete auf eine Stelle vielleicht zehn oder
fünfzehn Meter über ihnen, an der ein gezackter Riss die
Eiswand spaltete. Dahinter schimmerte Tageslicht. Wenn sie es
schafften, dort hinaufzukommen, hatten sie vielleicht eine
Chance.
Mike tauschte einen bezeichnenden Blick mit Kanuat. Der
Inuit nickte unmerklich. Sie stürmten los, nahmen Trautman in
die Mitte und beschleunigten ihre Schritte noch weiter, so gut es
auf dem immer steiler werdenden Eis überhaupt möglich war.
Trautman keuchte vor Schmerz, tat aber trotzdem sein
Möglichstes. Auf dem letzten Stück wurde der Weg so steil,
dass sie beinahe auf Händen und Knien kriechen mussten. Aber
die schiere Todesangst gab ihnen die Kraft, es irgendwie zu
schaffen.
127
Oben angekommen waren sie so erschöpft, dass sie sich für
einen Moment zu Boden sinken lassen mussten, um zu Atem zu
kommen. Trautman presste die Hand auf seinen verletzten Arm
und biss die Zähne zusammen. Er sagte nichts, aber sein Gesicht
war mittlerweile fast grau geworden und trotz der Kälte war
sein Gesicht schweißnass.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Mike.
Trautman verzog das Gesicht zu etwas, was ein Lächeln sein
sollte. »Ich habe mich selten besser gefühlt«, sagte er. »Warum
fragst du?«
»Hört auf zu reden!« Kanuat deutete nach unten. »Sie
kommen. Wir müssen weiter!«
»Ich schaffe es nicht«, sagte Trautman. »Lasst mich hier. Ich
versuche sie aufzuhalten.«
»Unsinn!«, widersprach Mike. »Ich bin nicht mitgekommen,
um Sie im Stich zu lassen, sondern um Ihnen zu helfen.«
»Aber du hilfst mir nicht, wenn du dich auch gefangen
nehmen lässt!«, antwortete Trautman. »Schlagt euch zur Küste
durch. Ihr müsst die NAUTILUS finden. Und dann sagst du
Singh, dass genau das passiert ist, wovor wir uns seit fünf
Jahren gefürchtet haben. Er weiß dann schon, was zu tun ist.«
»Also doch«, sagte Mike. »Sie haben die ganze Zeit über  «
»Das ist jetzt wirklich nicht der Moment, Mike!«
Das Schlimme ist, dass er Recht hat, dachte Mike. In jeder
Beziehung. Jetzt war weder der Moment für Erklärungen noch
konnten sie Trautman mitnehmen. Er wurde immer schwächer.
Ihre Verfolger würden sie binnen weniger Minuten einholen.
»Haut schon ab!«, schnappte Trautman. »Macht euch keine
128
Sorgen um mich! Sie werden mir nichts tun. Vom Dorff kann es
sich gar nicht leisten, mich umzubringen. Nicht bevor ich ihm
verraten habe, was ihr wisst. Und das werde ich ganz bestimmt
nicht tun!«
Wie um seine Worte noch zu unterstreichen, erschien in
diesem Augenblick der Kopf des ersten deutschen Soldaten über
der Eiskante. Kanuat boxte ihm auf die Nase. Der Mann schrie
auf, ließ seinen Halt los und kippte nach hinten. Zur Antwort
krachte unten eine ganze Salve Gewehrschüsse und Kanuat zog
hastig den Kopf ein. »Weg hier!«
Mike zögerte noch einen letzten Moment, aber dann sah er
endlich ein, dass sie nichts mehr für Trautman tun konnten.
Hastig sprang er auf und folgte Kanuat. Trotzdem hatte er das
Gefühl, dass er einen guten Freund im Stich gelassen hatte. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]




Powered by MyScript