Podobne

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zum Tod, erledigte man unter sich, ohne die Hüter des Gesetzes.
Man machte selbst das Gesetz.
Die Polizei wußte von der omertá, wußte, daß die Frau log,
und ließ die Sache trotzdem auf sich beruhen. Milan dankte den
Beamten für ihr schnelles Eingreifen, entschuldigte sich für das
Mißverständnis und murmelte etwas von einer Intrige eines
Konkurrenten.
Sobald sie draußen waren, zitierte Milan die beiden Mädchen
zu sich und setzte sie vor die Tür. Das : Copacabana9 sei ein
anständiges Lokal (eine Behauptung, die Maria nicht ganz
nachvollziehen konnte), das seinen guten Ruf wahren müsse
(was Maria amüsierte) und in dem Handgreiflichkeiten schon
aus Respekt vor der Kundschaft tabu seien. Das sei oberstes
Gebot.
Zweites Gebot war das der totalen Diskretion, »wie bei einer
Schweizer Bank«, sagte Milan, zumal die Kunden genauso
handverlesen waren wie die Privatklientel einer Bank - sie
verfügten über einen guten Leumund und ein ausgeglichenes
Konto. Manchmal erschienen Kunden, die nicht hierherpaßten,
und es war auch schon vorgekommen, daß Mädchen nicht
bezahlt, angegriffen oder bedroht worden waren. Aber über die
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Jahre hatte Milan einen Blick dafür entwickelt, wen er
hereinlassen durfte und wen nicht. Keine der Frauen wußte
genau, wonach sich sein Maßstab richtete, aber es war mehrmals
vorgekommen, daß er gutangezogene Herren aus einem
halbleeren Lokal hinauskomplimentiert hatte mit der
Begründung, alle Tische seien besetzt, was soviel hieß wie:
Lassen Sie sich hier nicht mehr blicken! Andererseits hatte
Milan auch unrasierte Leute in Sportkleidung spontan zu einem
Glas Champagner eingeladen. Der Besitzer des : Copacabana9
beurteilte die Menschen eben nicht nach dem Aussehen, und er
täuschte sich selten.
Bei einer guten Geschäftsbeziehung müssen alle Beteiligten
zufrieden sein. Die meisten Freier waren verheiratet, gutsituiert,
erfolgreich. Auch einige Prostituierte waren verheiratet, hatten
Kinder und gingen zu Elternabenden in die Schule. Nur wenn
der Vater eines Mitschülers ihrer Kinder im : Copacabana9
auftauchte, wurde es peinlich wenn auch nicht riskant, denn da
die Situation für beide Seiten unangenehm war, schwiegen auch
beide.
Unter den Kolleginnen gab es Kameradschaft, aber keine
Freundschaft; niemand erzählte viel von sich, und wenn die eine
oder andere doch einmal mehr aus sich herausging, konnte
Maria ihren Äußerungen weder Bitterkeit noch Schuldgefühle
oder Traurigkeit entnehmen - höchstens Resignation. Doch
gleichzeitig hatten sie alle diesen seltsam herausfordernden,
stolzen und zuversichtlichen Blick, als wollten sie es mit der
ganzen Welt aufnehmen. Bereits nach einer Woche galt man als
»Professionelle« und hatte sich an die Standesregeln zu halten:
niemals eine Ehe in Gefahr bringen (eine Prostituierte darf keine
Bedrohung für die Stabilität einer Ehe sein), niemals
Einladungen zu Treffen außerhalb der Arbeitszeit annehmen,
den Kunden zuhören, ohne eine eigene Meinung zu äußern,
wenn der Orgasmus dran war, zu stöhnen, die Polizisten auf der
Straße zu grüßen, die Arbeits- und Gesundheitspapiere immer
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auf dem neuesten Stand zu halten und last not least die eigene
Tätigkeit nicht allzu sehr zu hinterfragen - sie waren, was sie
waren, Punktum.
Maria galt bald als die Intellektuelle der Gruppe, weil sie sich
abends, bevor der Betrieb losging, die Zeit mit Lesen vertrieb.
Anfangs hatten ihr die Kolleginnen neugierig über die Schulter
gesehen, in der Hoffnung auf eine süffige Liebesgeschichte,
aber als sie merkten, um was für trockene und uninteressante
Themen wie Wirtschaft, Psychologie und (seit kurzem) Führung
landwirtschaftlicher Betriebe es sich handelte, ließen sie Maria
bald in Ruhe, und diese konnte ungestört lesen und sich Notizen
machen.
Bald hatte sie auch Milans Vertrauen gewonnen, denn sie
erfreute sich eines großen, festen Kundenstamms und hatte
immer Arbeit, selbst wenn einmal nicht viel los war. Dies trug
ihr hinwiederum ein gewisses Ressentiment seitens ihrer
Kolleginnen ein, welche die Brasilianerin ehrgeizig, arrogant
und geldgierig fanden. Letzteres stritt sie auch nicht ab, doch
verhielt es sich mit den anderen nicht genauso?
Abfällige Bemerkungen bringen einen nicht um, sie gehören
zum Leben eines erfolgreichen Menschen nun mal dazu, und
man gewöhnt sich lieber gleich daran. Maria hielt jedenfalls
unbeirrt an ihren zwei Zielen fest: zum vorgesehenen Termin
nach Brasilien zurückzukehren und eine Farm zu kaufen.
Sie war jetzt tagein, tagaus mit ihren Gedanken bei Ralf. Zum
ersten Mal in ihrem Leben war sie glücklich, obwohl ihr
Geliebter nicht bei ihr war und obwohl sie insgeheim bereute,
ihm ihre Liebe gestanden und damit alles aufs Spiel gesetzt zu
haben. Andererseits: Was riskierte sie schon, wenn sie keine
Gegenleistung erwartete? Sie erinnerte sich, wie ihr Herz
schneller geschlagen hatte, als Milan erwähnte, daß er ein
spezieller Freier sei - oder gewesen sei. Was bedeutete das? Sie
war eifersüchtig, fühlte sich hintergangen.
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Eifersucht war normal, obwohl das Leben sie gelehrt hatte,
daß es unsinnig ist, zu glauben, man könne jemand anderen
besitzen - wer das glaubte, machte sich etwas vor. Dennoch
sollte die Eifersucht weder unterdrückt noch überbewertet oder
als Zeichen von Schwäche verurteilt werden.
Der liebt stärker, der seine Schwäche zeigen kann. Wenn [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]




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