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dem Gleichgewicht und er flog mit dem Gesicht ins Gras. »Haben Sie sich was getan?«, fragte Harry und trat näher an das Bild heran. »Zurück, gemeiner Aufschneider! Zurück, Strolch!« Wieder packte der Ritter sein Schwert, diesmal, um sich aufzurappeln, doch die Klinge sank tief in die Erde und obwohl er mit aller Kraft zog, blieb sie stecken. Schließlich musste er sich wieder ins Gras sinken lassen und das Visier hochschieben, um sich das schweißnasse Gesicht zu wischen. »Hören Sie«, sagte Harry eilig, um die Erschöpfung des Ritters auszunutzen, »wir suchen den Nordturm. Kennen Sie vielleicht den Weg?« »Eine Frage!« Der Zorn des Ritters schien im Nu wie weggeblasen. Klappernd rappelte er sich hoch und rief»Kommt, folgt mir, werte Freunde, und wir werden unser Ziel finden oder aber tapfer kämpfend untergehen!« Noch einmal zog er am Schwert, doch ohne Erfolg, schließ- lich versuchte er das dicke Pony zu besteigen, was wiederum misslang, dann rief er: »Zu Fuß denn, werte Herren und edle Dame! Auf geht's!« Und laut klappernd rannte er los in die linke Seite des Rahmens und verschwand. Sie liefen dem Klappern seiner Rüstung nach den Korridor entlang. Hie und da erhaschten sie einen Blick auf ihn, wenn er durch ein Bild vor ihnen huschte. »Seid kühnen Herzens, das Schlimmste kommt noch!«, rief der Ritter, und sie sahen ihn vor einer Gruppe aufgeschreckter Damen in Reifröcken erscheinen, deren Bild an der Wand einer schmalen Wendeltreppe hing. 107 Laut keuchend stiegen Harry, Ron und Hermine durch die engen Windungen der Treppe nach oben, und endlich, als ihnen schon schwindelig war, hörten sie über sich Stimmengemurmel und wussten, dass sie das Klassenzimmer erreicht hatten. »Lebt wohl!«, rief der Ritter und steckte seinen Kopf in ein Gemälde mit finster dreinblickenden Mönchen. »Lebt wohl, meine Mitstreiter! Braucht ihr jemals ein edles Herz und eine stählerne Luftröhre, dann ruft Sir Cadogan!« »Klar, machen wir«, murmelte Ron, und der Ritter ver- schwand, »- wenn wir je einen Narren brauchen.« Sie nahmen die letzten Stufen hinauf zu einem kleinen Rundgang, wo die meisten anderen schon versammelt waren. Es gab keine Türen, doch Ron stieß Harry in die Rippen und deutete auf die Decke, wo eine runde Falltür mit einem Messingschild eingelassen war. »Sibyll Trelawney, Lehrerin für Wahrsagen«, las Harry. »Wie sollen wir denn da hochkommen?« Wie zur Antwort auf diese Frage öffnete sich plötzlich die Falltür und eine silberne Leiter schwebte herunter bis vor Harrys Füße. Alle verstummten. »Nach dir«, sagte Ron grinsend, und Harry kletterte als Erster die Leiter hoch. Er gelangte in das seltsamste Klassenzimmer, das er je ge- sehen hatte. Eigentlich sah es gar nicht aus wie ein Klassen- zimmer, eher wie eine Mischung aus einer Dachkammer und einem altmodischen Teeladen. Er war voll gepfropft mit gut zwanzig kleinen runden Tischen, umgeben von Chintz-Sesseln und üppigen Sitzpolstern. Alles war in scharlachrotes Dämmerlicht getaucht; die Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen und über die vielen Lampen waren dunkelrote Seidentücher geworfen. Es war stickig warm; das Feuer unter dem voll gestellten Kaminsims erhitzte einen 108 großen Kupferkessel, von dem sich ein schwerer, leicht übel- keiterregender Parfümduft ausbreitete. Die Regale entlang der runden Wände waren überladen mit staubigen Federn, Kerzenstümpfen, Stapeln zerknitterter Spielkarten, zahllosen silbern glitzernden Kristallkugeln und einer enormen Vielfalt von Teetassen. Ron tauchte an Harrys Seite auf und der Rest der Klasse versammelte sich um die beiden; alle flüsterten. »Wo steckt sie?«, fragte Ron. Plötzlich drang eine Stimme aus dem Schatten, eine sanfte, rauchige Stimme. »Willkommen«, sagte sie. »Wie schön, euch endlich in der materiellen Welt zu sehen.« Harry kam sie auf den ersten Blick wie ein großes, glän- zendes Insekt vor. Professor Trelawney trat ins Licht des Feuers. Sie war mager; die riesigen Brillengläser vergrößerten ihre Augen um ein Vielfaches; um den Körper hatte sie einen schleierartigen, glitzernden Schal geschlungen. Unzählige Kettchen und Perlenschnüre hingen um ihren spindeldürren Hals, und ihre Arme und Hände waren mit Spangen und Ringen verziert. »Setzt euch, meine Kinder«, sagte sie, und die Klasse ließ sich schüchtern und steif auf den Sesseln und Sitzpolstern nieder. Harry, Ron und Hermine setzten sich zusammen an einen der runden Tische. »Willkommen zum Wahrsagen«, sagte Professor Trelawney, die sich in einen geflügelten Sessel am Feuer gleiten ließ. »Mein Name ist Professor Trelawney. Ihr werdet mich wohl noch nie gesehen haben. Ich finde, dass der allzu häufige Abstieg hinunter in das hektische Getriebe der Schule mein Inneres Auge trübt.« Niemand sagte etwas zu dieser erstaunlichen Erklärung. Professor Trelawney zupfte bedächtig ihren Schal zurecht 109 und fuhr fort. »Nun, ihr habt euch also für das Studium des Wahrsagens entschieden, für die schwierigste aller magischen Künste. Doch ich muss euch gleich zu Beginn warnen: Wenn ihr nicht im Besitz des Inneren Auges seid, gibt es nur wenig, was ich euch lehren kann. Bücher führen uns auf diesem Felde nicht allzu weit .. .« Bei diesen Worten warfen Ron und Harry einen kurzen Seitenblick auf Hermine, die ganz bestürzt schien ob der Neuigkeit, dass Bücher in diesem Fach nicht viel helfen würden. »Viele Hexen und Zauberer, so begabt sie auch sein mögen, wenn es um lautes Brimborium und ekligen Gestank und plötzliches Verschwindenlassen geht, sind dennoch unfähig, in die verschleierten Geheimnisse der Zukunft einzudringen«, fuhr Professor Trelawney fort, und ihre riesengroßen funkelnden Augen wanderten von einem nervösen Gesicht zum andern. »Dies ist eine Gabe, die nur wenigen gewährt ist. Du, Junge -«, sagte sie plötzlich zu Neville, der beinahe von seinem Sitzpolster fiel, »- geht es deiner Großmutter gut?« »ich glaub schon«, sagte Neville zitternd. »An deiner Stelle wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Pro- fessor Trelawney, und das Licht des Feuers schimmerte auf ihren langen, smaragdbesetzten Ohrgehängen wider. Neville schluckte schwer. Gelassen sprach Professor Trelawney weiter: »In diesem Jahr lernen wir die Anfangsgründe des Wahr- sagens kennen. Im ersten Quartal deuten wir Teeblätter. Im zweiten behandeln wir das Handlesen. Übrigens, meine Liebe«, und sie wandte sich plötzlich an Parvati Patil, »hüte dich vor
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